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Dietrich Fischer-Dieskau

Respekt und Bereitschaft mitzugehen: Die Fischer-Dieskau Edition · Zum 75. Geburtstag des Sängers

14.02.2001

55 Sängerjahre auf 21 CDs: Deutsche Grammophon gratuliert Dietrich Fischer-Dieskau mit einer großen Edition seiner Einspielungen.

Gibt es im Rückblick auf den Sänger Dietrich Fischer-Dieskau überhaupt etwas, das noch nicht gesagt worden ist? Gibt es aus seiner Aufnahmetätigkeit für die Deutsche Grammophon seit 1949 Einspielungen, die überhaupt noch nie veröffentlicht worden sind?

 

Es gibt sie – und es gibt erst recht Aufnahmen von Dietrich Fischer-Dieskau, die nach ihrer Erstveröffentlichung auf LP nie wieder aufgelegt wurden. Zeugnisse einer frühen künstlerischen Reife und Vollendung, die nun im Rahmen der CD-Edition zum 75. Geburtstag des Sängers erstmals auf CD veröffentlicht werden. Damit wird ein Rückblick auf Fischer-Dieskaus Lebenswerk möglich, der weit über das Sammeln und Zusammenstellen des Bekannten hinausreicht. Künstlerische Aspekte, die mit der Zeit und nicht zuletzt durch rasante technische Entwicklungen verdrängt wurden, erscheinen hier in neuem Licht. Sie bieten Anlaß zu erneuter Diskussion und zum Staunen über eine sängerische Souveränität, die ihm über beinahe ein halbes Jahrhundert unverändert zu Gebote stand.

 

Im Zentrum dieser Edition steht der Liedersänger: 14 CDs, wobei die meisten mit CD-Erstveröffentlichungen aufwarten. Ein besonderes Juwel ist die fast verschollene “Schöne Müllerin” aus dem Jahr 1968 mit Jörg Demus am Flügel, mit der die beiden Künstler an ihre legendäre Aufnahme der Winterreise anknüpften – eine Aufnahme, die abgeschlossen, geschnitten und auch freigegeben wurde und dennoch nie auf Tonträger erschien. Überhaupt Fischer-Dieskaus Partnerschaft mit Jörg Demus: Hier gibt es auf den CDs viel Neues zu entdecken. Ein Schubert-Liedprogramm, mehrere Schumann-Zyklen und Liedgruppen sowie eine große Auswahl von Beethoven- und Brahms-Liedern; dazu Gesänge von Liszt, die Demus auf Fischer-Dieskaus hauseigenem Bösendorfer-Flügel begleitet, sowie den ulkigen Krämerspiegel von Richard Strauss. Repräsentative Stereo-Aufnahmen, vorwiegend aus den Sechziger Jahren, die Fischer-Dieskaus legendären Ruf als Liedersänger festigten. Ebenso beispielhaft war Fischer-Dieskaus unermüdlicher Einsatz für randständiges Liedrepertoire, für vernachlässigte Komponisten wie Reger oder Pfitzner. Oder auch sein Engagement für das vielfältige Liedschaffen Othmar Schoecks: “Seine Lieder zu singen ist mir ein Bedürfnis, wenn auch jegliche Aufführung außerhalb der Schweiz auf Missverständnisse oder hochmütige Fehleinschätzung stößt.”

 

Bereits 1958 spielte Fischer-Dieskau eine erste Schoeck-Platte ein, damals mit Margrit Weber am Flügel; zwei Jahrzehnte später ließ er eine spannende Auswahl von Hesse-Liedern folgen. Alle erscheinen hier erstmals auf CD. Noch ungewöhnlicher ist Fischer-Dieskaus Platte mit Liedern großer Interpreten – unter ihnen Wilhelm Kempff, der seine eigenen Liedkompositionen im Aufnahmestudio auch gleich selbst begleitete sowie die CD-Premieren mit dem Geiger Adolf Busch, dem Cellisten Enrico Mainardi, dem Dirigenten Bruno Walter und dem Pianisten und Komponisten Ferruccio Busoni. Zu solchen Randgebieten des Repertoires zählt auch fremdsprachiges Liedgut, obwohl Fischer-Dieskau es kontinuierlich und mit nachhaltigem Erfolg pflegte: Songs von Charles Ives beispielsweise oder Mélodies von Debussy und Ravel, die Fischer-Dieskau im Jahre 1959 einspielte, zum Teil im kammermusikalischen Teamwork mit seiner ersten Gattin, der Cellistin Irmgard Poppen, sowie mit den Freunden Aurèle Nicolet und Karl Engel. Ihnen begegnet man auch auf einer liebenswerten Bonus-CD, die dieser Edition beigefügt ist: Volksliedbearbeitungen von Haydn, Beethoven und Weber. Eine wegweisende künstlerische Partnerschaft verband Fischer-Dieskau mit Karl Richter, und sie dokumentiert den Interpreten von geistlicher Musik besonders eindrucksvoll. Zum erstenmal begegnete man sich 1958 bei den Aufnahmen zur Matthäus-Passion: “Diese Aufnahme gehört, ebenso wie die der h-moll-Messe Bachs, zu meinen Lieblingen, da sie ziemlich genau abbildet, was ich mir unter Arien-Gesang bei Bach vorstelle: eine instrumentale Stimmführung nämlich, die doch durch die sinngebenden Textworte zu ganz konzisem Ausdruck gelangt und nicht bloß an der Musik entlangtönt.” Von diesem interpretatorischen Ideal zeugen auch die Solokantaten Bachs und zwei Solokantaten von Buxtehude, die hier erstmals auf CD veröffentlicht werden.

 

Ebenso vielseitig wird der Opernsänger Dietrich Fischer-Dieskau porträtiert. Die ausgewählten Dokumente reichen zurück bis ins Jahr 1949, die ersten Anfänge der künstlerischen Zusammenarbeit mit der Deutschen Grammophon, Fischer-Dieskau als Marcello in Puccinis Bohème, oder als Ford im Duett mit dem stimmgewaltigen Falstaff von Josef Metternich. Ausschnitte aus Mozart-Opern dokumentieren Fischer-Dieskaus Zusammenarbeit mit Karl Böhm und besonders mit Ferenc Fricsay. Eine der letzten Schallplattenaufnahmen Fricsays war ganz dem Opernsänger Fischer-Dieskau gewidmet: ein anspruchsvolles Arienrecital, welches den Sänger mehrfach in Rollen dokumentiert, die er auf der Bühne nie gesungen hat. “Verschwitzt, aber glückselig kam ich nach den wonnevollen Aufnahmesitzungen von erst gefürchteten, dann um so mehr geliebten französischen und italienischen Opernarien mit Fricsay heim. Erstaunlich zurückhaltend gegenüber seinen sonstigen Anweisungen, ließ er Respekt und Bereitschaft zum Mitgehen spüren, was ja so viel, wenn nicht alles für den Solisten bedeutet.” Die CD-Erstveröffentlichung macht es noch einmal erlebbar: den musikalischen Respekt sowie jene heute selten gewordene Bereitschaft zum Mitgehen, welche allein zu künstlerischen Höchstleistungen führt.

 

Lesen Sie auch zu der Edition das Interview mit Dietrich Fischer-Dieskau

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