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Grigory Sokolov
Grigory Sokolov

Biografie

Grigory Sokolov
© Klaus Rudolph

Musik, die im gegenwärtigen Moment entsteht, einzigartig und unwiederholbar, nur darauf kommt es Grigory Sokolov an. Er hat kein Interesse daran, Studioaufnahmen zu machen oder mit Orchestern oder Kammermusik-Ensembles zu spielen. Stattdessen vertieft er sich monatelang in seine Recital-Programme, die er auf ausgedehnten Konzertreisen in ganz Europa spielt. Die poetischen Interpretationen des russischen Pianisten, die mit mystischer Intensität und beeindruckender Ehrlichkeit im Konzertsaal lebendig werden, basieren auf seiner fundierten Kenntnis eines umfangreichen Repertoires. Sokolovs Recital-Programme umfassen die gesamte Musikgeschichte, von Transkriptionen geistlicher Polyfonie des Mittelalters und Werken für ein Tasteninstrument von Byrd, Couperin, Rameau und Froberger über die Musik von Bach, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Chopin und Brahms bis zu Schlüsselkompositionen des 20. Jahrhunderts von Prokofjew, Ravel, Skrjabin, Rachmaninow, Schönberg und Strawinsky. Bei Klavierliebhabern gilt er weithin als der größte Pianist der Gegenwart und er wird als Künstler bewundert wegen seiner visionären Kreativität, seiner faszinierenden Spontaneität und seiner uneingeschränkten Hingabe an die Musik.

Die Humanität und das Mitgefühl, die sich in Sokolovs Arbeit mitteilen, finden bei Kritikern wie auch dem Publikum großen Anklang und in Rezensionen wird von seinem »Genie« und seinem Status als »lebende Legende« gesprochen. »Viele Menschen sind überzeugt, dass nach dem Tod von Musikern wie Arturo Benedetti Michelangeli, Glenn Gould und Emil Gilels jetzt Sokolov der größte lebende Pianist ist«, bemerkte der vielfach ausgezeichnete Dokumentarfilmer Bruno Monsaingeon, der das Wesen von Sokolovs Künstlertum bei einem Recital 2002 im Théâtre des Champs-Elysées in Paris mit der Kamera erfasste.

2014 unterzeichnete Sokolov einen Exklusivvertrag mit Deutsche Grammophon. Die von einem neuen, enthusiastischen Zuhörerkreis gefeierte Partnerschaft bekräftigte seinen Rang unter den großen Musikern der modernen Zeit. Im Januar 2015 veröffentlichte DG Sokolovs erstes Album seit fast zwei Jahrzehnten, ein sensationelles Recital, das live bei den Salzburger Festspielen 2008 aufgenommen worden war. Das zwei CDs umfassende Programm bietet zwei Mozart-Sonaten, Chopins Préludes op. 28 sowie als Zugaben Stücke von J. S. Bach, Chopin, Rameau und Skrjabin, und ist beispielhaft für das breit gefächerte Repertoire des Pianisten. Auf The Salzburg Recital folgte im Januar 2016 Sokolov Schubert/Beethoven. Es enthält, live aufgenommen, Schuberts Impromptus D 899 und drei Klavierstücke D 946 in der Warschauer Philharmonie 2013 sowie Beethovens »Hammerklaviersonate« op. 106 und Zugabestücke von Rameau und Brahms bei den Salzburger Festspielen 2013.

Sokolovs drittes DG-Album, das im März 2017 erschien, präsentierte Liveaufführungen von Mozarts Klavierkonzert in A-Dur KV 488, aufgenommen während der Salzburger Mozartwoche 2005, sowie Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 3 in einem Mitschnitt bei den BBC Proms 1995. Begleitet wurden diese historischen Aufnahmen von einer DVD mit Nadia Zhdanovas Dokumentation A Conversation That Never Was, einem aufschlussreichen Porträt des Künstlers.

Im Mai 2020 folgte ein weiteres Doppelalbum mit einer Auswahl von Liveaufnahmen aus drei Recitals, die er im Sommer 2019 gab: Es enthält die Sonate Nr. 3 und die Bagatellen op. 119 von Beethoven, Brahms’ opp. 118 und 119 sowie Zugaben von Brahms, Debussy, Rameau, Rachmaninow und Schubert. Zu dem Album gehört eine DVD mit der Aufnahme eines Recitals von 2017 in Turin, mit Sonaten von Mozart und Beethoven und Zugaben von Chopin, Debussy und Schumann.

Seine neueste Veröffentlichung präsentiert ein Recital aus dem Haydnsaal im Schloss Esterházy in Eisenstadt aus dem Jahr 2018. Auf Grigory Sokolov at Esterházy Palace sind drei Sonaten von Haydn (g-Moll Hob. XVI:44, h-Moll Hob. XVI:32 und cis-Moll Hob. XVI:36) und Schuberts Impromptus D 935 zu hören sowie Zugaben von Schubert, Rameau, Chopin, Griboyedov und Debussy. Die Aufnahme erscheint am 8. April 2022 digital und als reich bebilderte Edition mit 2 CDs und einer Blu-ray mit dem filmischen Konzertmitschnitt der Regisseurin Nadia Zhdanova.

Grigory Sokolov wurde am 18. April 1950 in Leningrad (dem heutigen St. Petersburg) geboren. Als Fünfjähriger begann er mit dem Klavierspiel, zwei Jahre danach nahm er sein Studium bei Liya Zelikhman an der Zentralen Musikschule des Leningrader Konservatoriums auf. Später erhielt er Unterricht bei Moisey Khalfin am Leningrader Konservatorium und 1962 gab er sein erstes Recital in seiner Heimatstadt. Sein überragendes Talent fand 1965 Anerkennung, als er den ersten Preis im Russischen Nationalwettbewerb gewann. Im Jahr darauf machte er Schlagzeilen über die Sowjetunion hinaus, als der 16-Jährige als jüngster Musiker überhaupt die begehrte Goldmedaille des Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerbs in Moskau erhielt. Emil Gilels, der Vorsitzende der Jury, wurde anschließend zu einem Förderer des jungen Sokolov.

Während Grigory Sokolov in den 1970er-Jahren ausgedehnte Konzertreisen in die USA und nach Japan unternahm, entwickelten sich, fernab vom internationalen Scheinwerferlicht, seine künstlerischen Fähigkeiten weiter und wurden reifer. Seine Live-Aufnahmen aus der Sowjetära gewannen im Westen fast mythischen Status. Sie waren Zeugnis eines Künstlers, der so eigenständig war wie kein anderer, zugleich aber von der reichen russischen Klaviertradition genährt wurde. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion begann Sokolov in den großen internationalen Konzertsälen und bei Festivals aufzutreten. Als Konzertsolist arbeitete er häufig mit den besten Orchestern, beispielsweise den New Yorker Philharmonikern, dem Royal Concertgebouw Orchestra, dem Philharmonia Orchestra, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und den Münchner Philharmonikern, bevor er sich letztlich entschloss, nur noch Solo-Recitals zu spielen. Sokolov gibt etwa 70 Konzerte pro Spielzeit; dabei widmet er sich jeweils einem einzigen Programm, mit dem er große Tourneen durch Kontinentaleuropa absolviert. Sein gegenwärtiges Repertoire umfasst Beethovens 15 Variationen mit Fuge über ein eigenes Thema Es-Dur op. 35, Brahms‘ Intermezzi op. 117 und Schumanns Kreisleriana op. 16.

Im Gegensatz zu vielen anderen Pianisten hat Sokolov großes Interesse an der Mechanik und Einrichtung der Instrumente, auf denen er spielt. Stundenlang erforscht er deren technische Merkmale und berät sich mit Klaviertechnikern, um seinen Idealvorstellungen nahezukommen. »Man braucht Stunden, um ein Klavier zu verstehen, denn jedes hat seine eigene Persönlichkeit, und wir spielen zusammen«, erklärt er. Die Beziehung von Künstler und Instrument ist von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung von Sokolovs musikalischen Vorstellungen. Bei sparsamer Verwendung des Haltepedals erreicht er allein durch seine brillante Fingerarbeit sämtliche Wirkungen von subtilsten klanglichen und strukturellen Schattierungen bis zu den kühnsten Kontrasten. Die Kritiker weisen regelmäßig auf seine erstaunliche Fähigkeit hin, einzelne Stimmen innerhalb einer komplexen polyfonen Struktur hervorzuheben und bruchlose melodische Linien zu Gehör zu bringen.

Grigory Sokolovs charismatisches Künstlertum hat die Kraft, die Konzentration zu erzeugen, die das Publikum braucht, um selbst die vertrautesten Werke aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Während eines Recitals bringt er die Zuhörer in engen Kontakt mit der Musik, um jenseits aller Affektiertheit und Theatralik eine tiefere spirituelle Bedeutung zu enthüllen. Sokolovs Kunst ruht auf dem festen Fundament seiner einzigartigen Persönlichkeit und individuellen Vision. Er sieht viele der heutzutage mit einer Musikerlaufbahn verbundenen Konventionen – nicht zuletzt, was die Medienarbeit und Public Relations angeht – als Ablenkung von den eigentlichen Aufgaben, nämlich zu studieren und zu musizieren. Der San Francisco Chronicle fasst den bemerkenswert ungewöhnlichen Charakter und die außerordentlichen Qualitäten seines Spiels zusammen: »Sokolov verblüffte die Zuhörer mit einer Art des Klavierspiels, der musikalischen Kompetenz und des Künstlertums, die man für immer verloren glaubte.«

3/2022

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