Erkunden Sie die DG-Welt:
Label & Releases
STAGE+
Helmut Walcha
Helmut Walcha

Der Bach-Pionier

14.11.2007

Kurz nach dem Tod von Johann Sebastian Bach legte sich ein Mantel des Vergessens über dessen Werk. Ein knappes Jahrhundert lang kannte man nur noch einzelne Stücke etwa aus dem “Wohltemperierten Klavier”, bis um 1830, durch Felix Mendelssohn angestoßen, die Renaissance der Bach-Rezeption einsetzte, die sich von da an in mehreren Stufen intensivierte. So wurden etwa nach dem zweiten Weltkrieg nicht nur die Musiken für Soloinstrumente populär, sondern auch die Orgelwerke des Leipziger Kantors. Und das war neben Karl Richter vor allem dem Organisten Helmut Walcha zu verdanken, der am 27. Oktober seinen 100.Geburtstag gefeiert hätte.

Helmut Walcha (1907 bis 1991) war besessen davon, seinem musikalischen Idol Johann Sebastian Bach die größtmögliche Perfektion angedeihen zu lassen. Das führte zwischen 1947 und 1952 dazu, dass er alle greifbaren und eindeutig zuzuordnenden Orgel-Kompositionen den Meister für die Archiv Produktion der Deutschen Grammophon festhielt, beflügelt durch die Markteinführung der Langspielplatte um 1950. Doch kaum hatte er die Einspielungen fertiggestellt, warteten die Techniker mit einer neuen Sensation auf. Die Technik der Stereo-Aufnahme Mitte der Fünfziger revolutionierte den Musikmarkt mindestens ebenso nachhaltig wie die Umstellung von der Schellack mit nur ca. 3 bis 5 Minuten auf die Langspielplatte mit rund 20 Minuten Laufzeit pro Seite.

Walcha wiederum sah das als eine Chance, bestimmte Details zu verbessern und machte sich von 1956 an noch einmal an die Gesamteinspielung des Bachschen Orgelwerks, diesmal in Zweikanalton und mit Orgeln, die im Vergleich zu den beiden historischen Vorgängern noch brillanter, “stereophoner” waren. Damit aber wurde er sich selbst zum stärksten Konkurrenten. Denn seit den Mono-Variante galt der Organist aus Leipzig bereits als führende Autorität in Sachen korrekter Bachinterpretation.

Doch das wiederum tat den Aufnahmen Unrecht. Denn Walchas in der Edition “Bach: Organ Works – The 1947–52 Recordings” zusammengefassten Versionen zeugen wegen ihrer Texttreue und rhythmisch-gestalterischer Disziplin von enormer Präsenz und gedanklicher Klarheit. Gespielt wurden sie auf zwei historisch möglichst korrekten Instrumenten, auf der Orgel der Lübecker St. Nikolai-Kirche und auf der Barockorgel von Arp Schnitger, die über Umwege der französischen Besatzung Hamburgs 1816 an die Ortschaft Cappel am Wattenmeer verkauft wurde, wo sie in der St. Peter und Paul Kirche ihren neuen Platz fand. Und Helmut Walcha hatte hohe Ansprüche, die er Schritt für Schritt entwickelte. Geboren 1907 in Leipzig als Sohn eines Postbeamten, traf ihn das Schicksal hart, als er im Alter von 16 Jahren erblindete. Musikalisch begabt, konnte er als Schüler Günther Ramins jedoch auf sich aufmerksam machen und wirkte von 1926–29 als dessen Stellvertreter an der Thomaskirche.

Danach zog er nach Frankfurt, arbeitete als Organist zunächst an der Friedenskirche, dann von 1946 an der Dreikönigskirche. 1938 wurde er zum Professor für Orgel an der Frankfurter Musikhochschule ernannt, gleich nach dem zweiten Weltkrieg gründet er das Institut für Kirchenmusik. Durch seine beiden Orgelzyklen – die zweite Aufnahmerunde beendet er 1971 – etabliert er sich als Bachspezialist, gab aber auch zahlreiche Werke von Händel neu heraus und forschte umfassend sowohl über Max Reger wie über die frühbarocke Epoche. Die Deutsche Grammophon hat viele dieser Aktivitäten mit ihren Tontechnikern begleitet und in verschiedenen Editionen, zuletzt in der Reihe Original Masters ediert, so dass Helmut Walchas Vermächtnis auch in der Gegenwart noch weiter wirken kann.

Bach, J.S.: Organ Works 0028945770422
BACH Organ Works / Walcha
2. Jan. 1998

Mehr Musik von Helmut Walcha

Alle anzeigen
Helmut Walcha - Complete Recordings on Archiv Produktion Cover
HELMUT WALCHA Complete Recordings on Archiv Produktion
9. Juli 2021

Pressestimmen zu Helmut Walcha

Alle anzeigen
Der Bach-Pionier
Der Bach-Pionier
vor 16 Jahren
Helmut Walcha
Folgen Sie der Deutschen Grammophon

Deutsche GrammophonKontaktImpressumNutzungsbedingungenDatenschutzNewsletterGewinnspiel Teilnahmebedingungen