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Mischa Maisky
Mischa Maisky

Der klassische Fragebogen: Ausgefüllt von Mischa Maisky

01.02.2000

Musik ist eine heilige Kunst, oder …?

 

Ich glaube nicht, dass Musik unbedingt heilig sein sollte. Vielmehr muss sie leben und atmen. Ich halte es für nicht gut, Musik auf diese Art zu bewerten, da sie allen zugänglich sein sollte.

Könnten Sie wählen, in welcher Zeit hätten Sie dann gern gelebt?
Obwohl jede Zeit ihre Vor- und Nachteile hat, bin ich durchaus glücklich, die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts und den Jahrtausendwechsel miterlebt zu haben. Mich faszinieren die schnellen Veränderungen, die der technologische Fortschritt mit sich bringt. Andererseits hätte ich schon gern gewußt, wie man, sagen wir, vor 100 Jahren gelebt hat und welche Veränderungen die kommenden 100 Jahre bereithalten.

 

Welchen Komponisten der Vergangenheit würden Sie bitten, ein Stück für Sie zu komponieren?
Wäre es zu vermessen, von allen meinen Lieblingskomponisten ein Stück zu erbitten? Wenn ich mich jedoch für einen entscheiden müßte, dann Mozart.

 

Welchem Maler aus Vergangenheit oder Gegenwart hätten Sie gern einmal Modell gesessen?
Im Prinzip bin ich derselben Meinung wie bei der vorangehenden Frage, aber ich spiele gern mit dem Gedanken, für El Greco oder Modigliani zu sitzen.

 

Welches war Ihre musikalisch aufregendste Begegnung?
Ich hatte ziemlich viele in meinem Leben und betrachte mich gern als einen der glücklichsten Cellisten der Welt. In meinem – wie ich es nenne – ersten Leben in der ehemaligen Sowjetunion war es ein großes Erlebnis, die kompletten Sonaten und Variationen von Beethoven mit Radu Lupu zu spielen. Die bloße Begegnung und später das Musizieren mit Bernstein und den Wiener Philharmonikern sind einfach unvergeßlich. Und jedesmal, wenn ich mit Martha Argerich spiele, bin ich aufs Neue von ihr fasziniert.

 

Welche Begegnung würden Sie in der Phantasie gern herbeiführen?
Ich hätte nichts dagegen, mit den Berliner Philharmonikern zu spielen. Wer weiß, eines Tages…

 

Auf welches nicht musikalische Abenteuer würden Sie sich gern einmal einlassen?
Erst jüngst kam mir der Gedanke an eine Weltreise mit meiner Familie und ohne mein Cello.

 

Wie sähe Ihr ideales Publikum aus?
Mein ideales Publikum liebt Musik, ist aufgeschlossen und keinesfalls snobistisch.

 

Welches Musikstück treibt Ihnen den Schweiß auf die Stirn?
Beim Spielen bin ich meistens schweißgebadet, aber weniger vor Angst oder Stress als vielmehr wegen des hohen Adrenalinausstosses, den es braucht, um all die gewünschten Emotionen auf die Zuhörer zu übertragen. Am stärksten passiert mir dies bei den Bach-Suiten, wo ich alles geben muß, um das Publikum in meinen Bann zu ziehen.

 

Welcher Komponist bzw. welches Werk wird Ihrer Meinung nach heutzutage überschätzt bzw. unterschätzt?
Was mein Repertoire angeht, ist von allen bedeutenden Cello-Werken zweifelsohne das Hindemith-Konzert von 1940 mit all seinem Humor und seiner Fantasie zu wenig bekannt und völlig unterschätzt.

 

Welche Aussage über Musik möchten Sie nie wieder hören?
Ich glaube, der Kommentar, den ich am meisten hasse, ist “Good job!”, weil Künstler zu sein für mich kein “Job” ist.

 

Wie lautet Ihr musikalisches Credo?
Die Herzen der Menschen mit großer Musik zu berühren.

 

Welches Buch liegt z.Zt. neben der Stimmgabel und welches auf Ihrem Nachttisch?
Ob Sie es glauben oder nicht, das Buch, das ich für meine Arbeit lese, seit ich – manchmal ohne Erfolg – versuche, mit dem Zeitgeist Schritt zu halten, heißt: “PC für Doofe”. Und ich habe viel Spaß mit einem Buch meines amerikanischen Lieblingshumoristen, Dave Barry, der häufig mit viel Witz die prätentiösen Aspekte unserer Welt aufs Korn nimmt.

 

Mit welcher Märchengestalt würden Sie sich identifizieren?
Eigentlich mit keiner, aber ich habe gerade Strauss' “Don Quixote” aufgenommen, der sicherlich zu den Kunstfiguren zählt, die mir in der Art ihres Kampfes am nächsten sind.

 

Welches der vier Temperamente – sanguinisch, melancholisch, cholerisch, phlegmatisch – entspricht Ihrem Wesen am ehesten?
Als Künstler muß man in jedem Moment in der Lage sein, sich 100%ig in die von der Musik geforderten Stimmungen hineinzuversetzen. Und darüberhinaus halte ich das menschliche Wesen für so vielschichtig, dass es sich schwer in solche Kategorien einpassen läßt.

 

Welches Gericht käme nie auf Ihren Tisch?
In Rußland habe ich viele Dinge gegessen, vor allem während meiner Studentenzeit und meines Gefängnisaufenthaltes, die man sich kaum vorstellen kann. Ich versuche, in Fragen des Essens sehr aufgeschlossen zu sein, würde jedoch – offen gestanden – nie Affenhirn essen, um ein Beispiel zu nennen.

 

Könnte man Ihnen in einem Sportstadion begegnen?
Theoretisch sehr wohl! In der Praxis aber könnte man mich wohl eher bei Sportübertragungen vor dem Fernseher beobachten: Zum einen nimmt es weniger Zeit in Anspruch, zum anderen bin ich kein großer Freund von Menschenmassen.

 

»Die einzige Möglichkeit, einer Versuchung zu widerstehen, ist, ihr nachzugeben«, sagte Oscar Wilde. Was sagen Sie?
Versuchung ist ein weites Feld, und meine Reaktion hinge immer von dem jeweiligen Einzelfall ab. Ich verallgemeinere ungern, aber in der Regel bin ich gewillt, alles auszuprobieren, solange es nicht zu Lasten anderer geht.

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