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Vladimir Horowitz

Ritter, General und Heiliger

Vladimir Horowitz
© Artur Umboh / DG
26.09.2003

In diesen Tagen wäre der Pianist aller Pianisten 100 Jahre geworden. Und die Fans von Vladimir Horowitz können das mit einem limitierten CD-Leckerbissen feiern. Während Vladimir Horowitz' fulminanten Comebacks im alten Europa entstand ein Foto von höchstem Symbolwert. Als er 1985 in Paris gastierte, wurde der Pianist von Staatspräsident Francois Mitterand persönlich in die “Légion d’honneur” aufgenommen.

Beim anschließenden Festbankett schaute der frischgeschlagene Ritter Horowitz dann mehr als neugierig auf eine Anstecknadel, die Mitterand am Revers trug. Und obwohl der französische Sonnenkönig des 20. Jahrhunderts bis dahin als unantastbar galt, ignorierte Horowitz die Etikette und zupfte an dem demokratisch gekrönten Oberhaupt herum. Was sich niemand sonst erlauben durfte, Horowitz konnte. Schließlich war er Zeit seines Lebens Jahrhundertmusiker und unumstrittener “General am Klavier” (Horowitz über Horowitz). Dem rollte nun mit Glanz und Gloria die gesamte Polit- und Musikwelt Europas und der ehemaligen Sowjetunion den roten Teppich aus, nachdem man lange auf die Rückkehr dieses letzten Klavier-Romantikers warten musste. Denn immer wieder hatte Horowitz aus seinem New Yorker Domizil Fans und Konzertmanager von Amsterdam bis Moskau enttäuscht: “Die Flugreise und die Zeitumstellung sind einfach zu anstrengend.”

Was so manchen auf den kostspieligen Gedanken brachte, für eines der legendären, Punkt 16.00 Uhr beginnenden Sonntagnachmittags-Konzerte in die USA zu jetten. Doch mit 79 gab Horowitz dann am 22. Mai 1982 tatsächlich endlich wieder ein Konzert in London. In den nächsten fünf Jahren folgten Auftritte, die nahezu jede europäische Musikmetropole in ein “Horowitz-Fieber” (“Süddeutsche Zeitung”) versetzten. Selbst Hamburg, wo Horowitz am 21. Juni 1987 in der Musikhalle sein letztes Konzert überhaupt gab. Damit schloss sich endgültig der Kreis einer mit zwei Unterbrechungen 67 Jahre währenden Konzertkarriere dieses “Wunderpianisten” (Horowitz' Produzent Thomas Frost).

Denn in Hamburg wurde er schon in den zwanziger Jahren mit dem größten Applaus seit Caruso gefeiert, hier erweckte der Maestro nun noch einmal eine vergangene Epoche zu neuem Leben, und in Hamburg war es auch gewesen, als Horowitz 1926 erstmals ein Aufnahmestudio betrat und jene vier Klavierstücke auf einem Welte-Mignon-Klavier einspielte, die ihn nun im hohen Alter auf den musikalischen Reisen, Erinnerungen und Einspielungen wieder begleiten sollten. Zwei Rachmaninoff-Préludes, Liszts Valse oubliée Nr.1 sowie Chopins Mazurka op.30/Nr.4 aus den Händen des reifen Horowitz sind denn auch auf der Jubiläums-Box “The Magic of Horowitz” wiederzuhören, die dem am 1. Oktober 1903 in Kiew geborenen Meister-Pianisten posthum zum 100. Geburtstag gratuliert. Die limitierte Ausgabe mit zwei von Thomas Frost zusammengestellten Audio-CDs dokumentiert damit noch einmal die Höhepunkte der Aufnahmen, die Horowitz exklusiv bei der Deutschen Grammophon zwischen 1985 und 1989 einspielte.

Und die für den Horowitz-Biographen Harold C. Schonberg “zu den schönsten zählen, die er je gemacht hat.” Von den vielen anderen Aufnahmen, die zu Horowitz' Geburtstag (wieder) erscheinen, unterscheidet sich diese auch durch die exklusive Video-DVD, die als Bonus mit in der Box liegt. Fast eine Stunde lang beobachten wir Horowitz bei den berühmten Aufnahmen vom Mozart-Klavierkonzert KV 488. Carlo Maria Giulini dirigiert das Orchestra del Teatro alla Scala und Wanda Horowitz dirigiert alle anderen – musikalisch und menschlich ein ganz besonderer Einblick in das Leben und Wirken des Musikers.

In den Studio- und Live-Aufnahmen der beiden CDs mit Piècen von Scarlatti, Chopin, Liszt und Schumanns “Kreisleriana” ist Horowitz' unvergleichbare Wärme, Farbigkeit und Innerlichkeit zu erleben. Statt turbulenter Fesselungsakte und raubtierhafter Virtuosität früherer Jahrzehnte lassen sich jetzt Klang- und Ereignisschichten von einer Zartheit und mühelosen Klarheit entdecken, mit der der Pianist sein Credo von der subjektiven Nachschöpfung formvollendet demonstrierte. “The Magic of Horowitz” ist aber nicht nur ein einzigartiger Einstieg. Für den Sammler und Jäger gibt es gleich vier unveröffentlichte Trouvaillen: das 1988 während der “Horowitz at Home”-Aufnahmen eingespielte Mozart-Rondo a-moll, die Bearbeitung von Liszts “Ehemals” sowie bissige Horowitz-Kommentare über Tempo-Sünder am Klavier. Und welch ein wunderbarer Sänger Horowitz war, ist dem f-moll-"Moment Musical" von Franz Schubert nachzuempfinden, das er bei seinem Hamburger Abschiedskonzert zugab. Gut zwei Jahre später, am 5. November 1989, starb Vladimir Horowitz. Sein Landsmann und Kollege Lazar Berman sagte einmal: “Mich oder andere Interpreten mit Horowitz zu vergleichen, ist ein Sakrileg – so, als würde man einen Heiligen in der Kirche anspucken.” Recht hat Berman.

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