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Herbert von Karajan
Herbert von Karajan

Der Klassiker

11.04.2003

Manche Kritiker meinten, alles, was Herbert von Karajan dirigierte, würde nach Beethoven klingen. Das war zwar spöttisch pointiert, hatte aber einen wahren Kern. Auch wenn der Maestro sich sein künstlerisches Leben lang durch immense Neugier und Offenheit gegenüber musikalischen Strömungen unterschiedlichster Herkunft auszeichnete, so hatte man doch bei dem klassischen und romantischen Repertoire das Gefühl, er würde nach Hause, zu seinem Wurzeln kommen. Anhand der Beethoven- und Brahms-Sammlungen der Reihe “The Collection” lässt sich die Ansicht eindrucksvoll nachvollziehen.

Zunächst aber Mozart. Karajan liebte die Werke des Komponisten, mit dem er nicht nur die Geburtsstadt teilte, sondern für dessen Ansehen im 20. Jahrhundert er auch gegenüber der Kritikerzunft focht. Als der Dirigent 1972 auf seinen volltönenden “Bruno-Walter-Stil” bei der Interpretation der Symphonien angesprochen wurde, antwortete er einem Journalisten: “Man hat immer noch ein falsches Bild von Mozart! Man sieht ihn als Faulpelz, eine Art Playboy, der mit seiner Musik von Palast zu Palast zog. Mozart war mit Herz und Seele Kind seiner Zeit. Er war in einem ständigen Zustand geistiger Erregung”. Karajans Umgang mit den Werken des Salzburgisch-Wiener Klassikers sind daher bestimmt vom Kontrast zwischen hintergründigem Ernst und Leichtigkeit an der Oberfläche. Er setzte sie, wie im Fall der Serenade D-Dur K334, mit wesentlich größeren Ensembles, als gefordert um, und folgte damit der Interpretation seines Vorbildes Toscanini. Die für “The Collection” ausgewählten Aufnahmen stammen allerdings zum Teil aus einer besonderen Zeit. Die “leichten” Kompositionen wurden 1965/67 am Urlaubsort der Berliner Philharmoniker, dem Hotel “La Reine Victoria” in St. Moritz aufgenommen. Die Symphonien hingegen wurden zwischen 1975 und 1977 in der Berliner Philharmonie archiviert. Und das macht gerade den Reiz der Karajanschen Mozarts aus. Denn entgegen der Meinung seiner Spötter schaffte er es sehr wohl, die verschiedenen Nuancierungen der Interpretation, die Mozart zum Verständnis benötigt, auf clevere Weise mit seinem Stammorchester umzusetzen.

 

Karajan dirigierte Beethoven zum ersten Mal 1931 in Ulm. Damals war der Pultaufsteiger gerade 23 Jahre alt und versuchte sich erfolgreich mit einem Provinzorchester an der “Eroica”. Später sollte er dessen Werke immer wieder und so prägend interpretieren, dass er zuweilen als Beethovens größter Promoter angesehen wurde. Allein mit den Berliner Philharmonikern nahm der den Zyklus der Symphonien zweimal vollständig auf, zunächst 1961/62, dann noch einmal unter technisch besseren Voraussetzungen von 1975 an. Die Versionen des Karajan-Portraits “The Collection” stammen aus der späten Phase und dokumentieren einen, inzwischen durch unzählige Aufführungen geläuterten und bereits von gesundheitlichen Problemen geplagten Dirigenten, der seinem Orchester einen ebenso schlanken wie kraftvollen Beethoven abtrotzte. Das dominante Pathos früherer Aufführungen trat hinter eine vorsichtige Distanz zurück, die zugunsten der Klangfarben und der dynamischen Feinheiten selbst monumentale Passagen in der Neunten auf einen wesentlichen Mittelpunkt entschlackte. Insofern hatten seine Kritiker doch wieder Recht. Denn ein derart vielseitiger Beethoven konnte durchaus als Umsetzung eines prinzipiellen Künstlerverständnisses gelten.

 

Mit Brahms wiederum verbanden sowohl Karajan als auch die Berliner Philharmoniker eine lebenslange Beziehung. Der Komponist selbst unterstützte das 1882 als Alternative zu Benjamin Bilses Berliner Tourneeorchester gegründete Ensemble. Hans von Bülow machte es innerhalb weniger Jahre zum angesehenen Klangkörper, gefolgt von Arthur Nikisch und Wilhelm Furtwängler, der seinerseits als Brahms-Spezialist galt. Dessen institutioneller Erbe Karajan schließlich hatte vor allem die erste Symphonie des Romantikers schon als junger Mann im Repertoire. Seitdem widmete er sich in unterschiedlicher Intensität den Brahmsschen Werken, hielt sich in den mittleren Jahren zurück, um als Siebzigjähriger wieder zu ihnen, vor alle zur vierten Symphonie zurück zu finden. Die Versionen von “The Collection” widmen sich daher der späten Periode (1977–88), um die den Kern des romantischen Ausdrucks in verschiedenen Nuancierungen vom Überschwang bis zur Tragik darstellenden Orchesterpretiosen von dem erfahrenen Dirigenten spielen zu lassen. Mit berauschender Souveränität navigiert er die Berliner an den Problemstellen von Schmacht und Schwulst vorbei und präsentiert einen Brahms, der in symphonischer Klarheit als herausragender musikalischer Dramatiker erscheint, von den eigenen Seelenkämpfen getrieben, zuweilen heiter, aber doch zuletzt ein von der Tragik des menschlichen Daseins geprägter Geist an der Schwelle zur Moderne.

 

Für alle Karajan-Fans hier zwei weitere Hintergrundbilder:

 

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Den Karajan-Gesamtkatalog der Deutschen Grammophon können Sie kostenlos bei Herrn Per Hauber bestellen.

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