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Martha Argerich
Martha Argerich

Denkwürdiger Auftritt in Verbier – Bühnengenie Martha Argerich mit "Carte Blanche"

Lang Lang, Martha Argerich
© Mark Shapiro
08.07.2015

Wenn sie etwas nicht mag, dann sind es Dogmen. Martha Argerich ist eine offenherzige Künstlerin. Ihr geht nie die Neugierde aus.

Schöpferischer Nährboden – Argerichs Energie

Mit dieser Einstellung hat sie stets auch musiziert. Eine fabelhafte Technikerin, die komplexe Akkorde und schnelle Läufe mit Leichtigkeit bewältigt, konnte sie sich stets auf das Eigentliche der Musik konzentrieren: die Poesie, den aufgefeilten pianistischen Klang, die Emotion. Dabei hat sie sich nicht geschont. Sie hat ihr Innerstes in die Musik gelegt. Ihr Musizieren war und ist eine Verausgabung. Martha Argerich verschenkt sich mit Leidenschaft, wenn sie Klavier spielt.

Sie schwingt und tanzt mit ihrem Instrument. Ihre Beziehung zum Klavier ist gespannt. Dieses Verhältnis ist nicht ein für alle Mal festgelegt, sondern wird immer wieder neu verhandelt. Es ist ein Kampf. Es ist sicher auch anstrengend. Aber zugleich ist es der Nährboden schöpferischer Energie. Doch was der Künstlerin als Persönlichkeit viel abverlangt, ist für das Publikum ein Segen. Bei Martha Argerich wird es nie langweilig. Sie hält stets einen Joker bereit, überrascht sich gern auch selbst und ist vor allem eine begnadete Live-Performerin.     

Glückliche Fügung – Das Verbier Festival

Mit ihrer Unbestechlichkeit, ihrer Offenherzigkeit und ihrem Draht zu jungen Leuten passt sie exakt ins Wunschprofil des Schweizer Verbier Festivals. Das renommierte Klassikevent findet alljährlich vor der imponierenden Kulisse der Walliser Alpen statt. Es ist im Jahre 1994 von Martin Engstroem gegründet worden, der es heute als einen “großen Workshop” versteht. In Verbier sollen etablierte Größen des Klassikbetriebs und junge Nachwuchskünstler zusammenkommen, voneinander lernen, experimentieren und neue Werke einstudieren. Ein attraktives Konzertprogramm sorgt für anspruchsvolle Unterhaltung.

Rund 35.000 Zuschauer lockt das Ereignis Jahr für Jahr an. Stars wie Evgeny Kissin, Thomas Quasthoff, Lang Lang, David Garrett oder Sol Gabetta haben es nachhaltig geprägt. “Martha Argerich hat hier Solowerke, Kammermusik und Werke mit Orchester aufgeführt”, so Martin Engstroem. “Ich bin ihr vor allem dankbar dafür, dass sie vertraute Pfade verlässt und sich mit ihr unbekannten Stücken auseinandersetzt oder mit Kollegen zusammenarbeitet, mit denen sie nie zuvor aufgetreten ist.”   

Große Momente – Mit Lang Lang und Gabriela Montero 

Zu den schönsten Früchten dieser musikalischen Offenheit gehört ein denkwürdiges Konzert, das sie im Jahre 2007 in Verbier gab und dessen Live-Mitschnitt jetzt erstmals der Öffentlichkeit übergeben wird. “Martha Argerich – Carte Blanche” ist ein mitreißendes Live-Album, das große Momente der argentinischen Pianistin festhält. Sie zeigt sich hier auf der Höhe ihrer spontanen, freigiebigen und überaus riskanten Spielkunst. Das klug zusammengestellte Programm des Abends und ihre mitmuszierenden Partner kommen ihr dabei sichtlich entgegen. Das Programm kombiniert romantische Komponisten (Beethoven, Schubert, Schumann) mit modernen Klangerneuerern (Ravel, Bartók, Lutosławski).

Zu den absoluten Highlights des Albums zählen die Kooperationen mit Lang Lang. Unwiderstehlich zart interpretiert das musikalische Paar Schuberts vierhändiges “Rondo in A-Dur” (“Grand Rondeau”). Mit “Ma Mère l’Oye” von Maurice Ravel führen die beiden dann vor, wie tief lyrische Verträumtheit bei vierhändigem Klavierspiel gehen kann. Beethovens “Klaviertrio in D-Dur” (“Geistertrio”) klingt im Zusammenspiel mit Julian Rachlin (Geige) und Mischa Maisky (Cello) unfassbar modern, und Schumanns “Kinderszenen” betören durch Argerichs unbeirrbare Intimität. Was Argerich dann mit Bartók, Lutosławski und weiteren Mitmusizierenden anstellt, vor allem in vierhändiger Gestalt mit Gabriela Montero, kann man nicht beschreiben. Man muss es hören. Gekrönt wird das vielseitige Konzert mit einem heiteren Finale Monteros. Für die im Publikum sitzende Lily Maisky, die Tochter des Cellisten Mischa Maisky, improvisiert die venezolanische Pianistin über das “Happy Birthday”.

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