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Reinhard Goebel
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Vergnügte Ruh!

26.09.2007

Es hat sich viel getan. Vor 34 Jahren gründete Reinhard Goebel die Musica Antiqua Köln, um ein Ensemble zur Verfügung zu haben, das den Bedürfnissen der historischen Aufführungspraxis entgegen kommt. Damals war der Violinist aus Siegen einer der jungen Idealisten einer Bewegung, die sich der Musikpflege auf Originalinstrumenten nach musikgeschichtlich möglichst korrekten Vorlagen widmete. Inzwischen ist Goebels Kammerorchester weltweit eines der führenden Ensembles seines Fachs und hat mit zahlreichen Aufnahmen bewiesen, dass die Grundsätze des geschichtlichen Arbeitens mit den Notenvorlagen zu faszinierenden und innovativen Interpretationen bekannter Werke führt und darüber hinaus den Blick auf die vergessenen Meister vergangener Epochen richten kann. Die Reihe Portrait Of The Artist kann sich daher auf ein reiches, weites Spektrum von überwiegend barocken Kompositionen stützen, das unter dem Signum “Vergnügte Ruh” die Arbeit von Reinhard Goebel und der Musica Antiqua Köln würdigt.

Das ausgehende Barock war eine Hochzeit der Unterhaltungskultur. Der höfische Stil der absolutistischen Jahre hatte sich soweit verfestigt, dass er nach einem festen Kanon der Ausdrucksmöglichkeiten funktionieren konnte, zugleich war aber das individualistische Gedankengut der aufgeklärten Epoche noch nicht soweit in den Köpfen von Komponisten und Konsumenten präsent, dass es über ein paar Ausnahmen wie Johann Sebastian Bach hinaus sich durchgesetzt hätte. Der Geschmack war klar definiert. Musik sollte leicht und eingängig, gemäßigt gefühlvoll und heiter, zuweilen zärtlich und vor allem elegant sein. Sie sollte virtuos unterhalten und souverän gefallen, das Publikum weder unter- noch überfordern. Das nun wiederum bedeutete, dass die Kunst der Komposition erlernbar und noch nicht, wie im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert von der Eingebung des Genius abhängig war. Und das heißt für den Interpreten von heute, dass man auch Abstand von Vorstellungen nehmen kann, die in besonderem Maße die individuelle Interpretation im Auge haben. Man nehme etwa Georg Philipp Telemann, dessen Werken sich Reinhard Goebel mit mehreren Einspielungen angenommen hat. “Obwohl es deutlich schwieriger ist, wirkliche neue Wahrheiten zu offenbaren, als alte Torheiten ad absurdum zu führen, hoffe ich, das die vorliegenden Aufnahme nichtsdestotrotz einem bestimmen Odeur widerspricht und als ein Schritt auf dem Weg zu einem neuen Telemann-Bild gesehen werden kann”, meint der Orchesterchef zu den Intentionen seiner verschiedenen Einspielungen.
 
Die wunderbare Einfachheit, mit der die Musica Antiqua sich dem Komponisten widmete, und die ausgewogene Klanggestalt, die ihr mit den Originalinstrumenten gelungen ist, trifft tatsächlich eine ästhetische Vorstellung, die der des Komponisten hätte nahe gekommen sein können – soweit man das aus heutiger Perspektive rekonstruieren kann. Und das gilt nicht nur für Telemann, sondern auch für dessen verschiedene Zeitgenossen, die Goebels Ensemble neu interpretiert oder gar wiederentdeckt hat. Man denke etwa an Johann David Heinichen, seinerzeit eine der einflussreichsten Künstler-Persönlichkeiten am Hofe des sächsischen Kurfürsten August des Starken und dessen Sohnes August II, an Johann Adolf Hasse, der neben Gluck unter anderem zu den wichtigsten Opernkomponisten seiner Ära gehörte, an Marc-Antoine Charpentier oder auch Heinrich Ignaz Franz Biber, den Kapellmeister am Hof des Fürsterzbischofs von Salzburg und von Kaiser Leopold I. geadelten Komponisten, dessen “Missa Salisburgensis” sich die Musica Antiqua Köln szusammen mit Paul McCreesh und dem Gabrieli Consort & Players vor einem Jahrfünft in einem aufwändigen Surround-Projekt angenommen hatte. Bibers Schaffen ist auf “Vergnügte Ruh” mit einem Ausschnitt aus der “Mensa Sonora” vertreten, ebenso wie die berühmt gewordene Einspielung von Bachs Brandenburgischen Konzerten von 1986, die mit zwei Sätzen aus dem dritten Konzerte gewürdigt wird. Das alles und noch vieles mehr macht das “Portrait Of The Artist” von Reinhard Goebel zu einer bunten Hörreise durch die Epoche des Barocks und zu einer Visitenkarte eines Maßstäbe setzenden Ensembles seines Fachs.

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