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"Expo 1" - die erste Werkschau der Neo-Klassik

Expo 1
© DG
27.09.2017

“Post-Klassik”, “zeitgenössische Klassik” oder eben “Neoklassik” – verschiedene Namen kursieren für eine Musik, an der sich die Geister scheiden: zeitgeistiges Phänomen der 2010er Jahre oder Wegbereiter einer neuen Klassik für das 21. Jahrhundert? Fest steht, dass die Komponisten, oft in Personalunion auch Interpreten ihrer Musik, wie der italienische Komponist und Ludovico Einaudi oder der Amsterdamer Joep Beving bei Streamingdiensten wie Spotify spektakulär viel mehr Follower haben als Beethoven und Brahms.

Mit dem neuen Album “Expo 1” kann man sich einen wunderbar atmosphärischen Überblick verschaffen, über diese neuen Klangwellen. Auf zwei CDs wurden 29 Stücke unterschiedlicher Komponisten zusammengestellt. Eine reduzierte 1-LP-Version enthält 14 Stücke. Parallel steht “Expo 1” in verschiedenen digitalen Formaten und als Stream bereit.

Die friedliche Revolution der Neo-Klassik

Vor noch nicht allzu langer Zeit dachten Musikhörer beim Stichwort “Zeitgenössische Klassik” an krasse Sound-Kluster, atonale Harmonien, an anstrengende Premieren vor irritiertem Publikum: Musik als Kampf. Die Revolution der Neo-Klassik, oft zentral inspiriert von der Musik der amerikanischen Minimalisten wie Steve Reich, Philip Glass oder auch John Cage – verläuft dagegen ganz friedlich. Genregrenzen wurden morsch, digital verschmolz mit analog, die Vergangenheit rückte ins Jetzt.

Neo-Klassik nehme “sich selbst nicht so ernst wie klassische Konzertmusik”…

…, meinte im September der “Deutschlandfunk”, weil sie “Einflüsse aus Pop und Jazz in ihre Kompositionen einbaue”, weil ihre Interpreten heutzutage mehr Wert auf Sound legen – keinen perfekten High End-Sound, sondern einen bewusst und erkennbar alltagsaufgerauten Klang mit subsonischen Tiefen und ultrahohen Höhen. Neo-Klassik-Solisten wie der Pianist Francesco Tristano und der Geiger Daniel Hope etablieren mit ihren Interpretationen ganz neue Spielweisen. In der Neo-Klassik dominiere der Spieltrieb, kommentiert ein Star der Szene, der Pianist und Produzent Nils Frahm, seine Arbeit und die seiner Kollegen.

“Geräuschdreck zwischen den Noten”, titelte der Bayerische Rundfunk.

Das Prestige und die Features, die sich im Feuilleton mit Einaudi, Beving, Richter, Arnalds oder Lambert beschäftigen, spiegeln im Falle der bisher Genannten samt und sonders Künstler der altehrwürdigen aber nicht minder innovativen Deutschen Grammophon, einem Key-Player des neuen Genres.

Stilistisch verdanken viele ihren Aufstieg aber nicht der Klassik, sondern dem Indie-Pop, wo Chilly Gonzales oder Richard Reed Perry von Arcade Fire debütierten. Eine “neoklassische” Musiker-Biografie hat auch der Klarinettist, Komponist und Musikproduzent Sven Helbig, der sich zunächst als Arrangeur für Polarkreis 18 und Rammstein einen Namen machte und die Pet Shop Boys produzierte. Wiederum an einem anderen Punkt des breiten Spektrums stehen die italienischen DJ/Produzenten Tale of Us, Helden der Clubszene.

Die Nähe zum Fragmentarischen, Unfertigen

Von einigen wird die Neoklassik leichtfertig als “Soundtrack-Musik” abgeurteilt. Aus leicht veränderter Perspektive steckt in diesem Urteil ein Körnchen Wahrheit. Aber im besten Sinne. Auch Morricone und Mancini stehen sicherlich Pate bei diesem neuen Sound, zu dem “Expo 1” die beste Einstiegshilfe bietet. Daneben glänzt der Londoner Max Richter als profilierter Soundtrack-Schreiber für Filme und Serien (Black Mirror, Taboo), daneben Jóhannson (Arrival) oder Bryce Dessner (The Revenant).

Was deren Musik jedoch vom klassischen Soundtrack unterscheidet, ist zum einen der oft fragmentarische, repetitive Charakter, die schlichte Melodieführung, die scheinbare rhythmische Simplizität, die im Gegensatz zum häufigen Bombast eines Scores dem geneigten Hörer ein ideales akustisches Umfeld zur inneren Einkehr, oder gar Meditation bieten kann – schlicht gesagt, Musik, die helfen kann abzuschalten.

Vielleicht ist dies das Geheimnis der Neoklassik: ihre raue Klangästhetik bricht auf akustischer Ebene mit unserer optimierten, perfekt gestylten Welt und feiert im besten Sinne den Moment, die Stagnation. 100 Jahre nach Erik Saties “Möbelmusik” und 25 Jahre nach dem Ableben John Cages schließt sich der Kreis.

 

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