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Leonard Bernstein
Leonard Bernstein

Der Promoter

18.06.2004

Es ist heute selbstverständlich, Charles Ives als Klassiker der Konzertsaalkultur zu betrachten. Doch ohne Leonard Bernstein würde auch er zu den Außenseitern der Repertoiregewohnheiten gehören. Ein Beispiel dafür ist seine verspätete Uraufführung von dessen Zweiter Symphonie am 22. Februar 1951, die beinahe ein halbes Jahrhundert nach deren Entstehung (1899/1909) das Werk dem geschriebenen Dornröschendasein entriss. Bernstein liebte seine Amerikaner und in der Reihe Collectors Edition kommen nun viele der wichtigen Oeuvres auf sechs CDs wieder zu Gehör.

Es hat viele Vorteile, zeitgenössische Musik zu interpretieren. Einer davon ist die mögliche Wertschätzung, die man als Dirigent durch die Komponisten erfahren kann. Ned Rorem (* 1923) zum Beispiel urteilte einmal in einem Interview über Bersteins Kunstverständnis: “Wenn er meine Musik aufführt, schlägt sein Herz wie meines – man könnte meinen, er habe diese Musik selbst geschrieben. Unter allen Dirigenten weiß nur er, dass die Quintessenz der Musik nicht in ihrem Klang liegt, sondern in dem, was die Klänge vermitteln sollen. Er ist ebenfalls Komponist und weiß, dass der Zauber nicht in der Vermittlung des Klangs liegt, sondern im Klang der Vermittlung”. Solches Lob ehrt natürlich, legitimiert den Interpreten und ermuntert ihn, sich eine eigene Vorstellung von den umzusetzenden Werken zu leisten. Im Fall von Leonard Bernstein gingen die Eigenmächtigkeiten so weit, dass er durchaus erhebliche Kürzungen in den Partituren vornahm. Je nach Verständnis der Vorlagen, stellte er sogar einige Passagen um und verstand etwa bei Gershwins “Rhapsody in Blue” einen Notenkorpus nur als Richtwert für das bereits in das kollektive Musikverständnis der Öffentlichkeit übergegangene Standardwerk. Tatsächlich passt sein Urteil gut. Denn trotz aller Veränderungen im Detail erscheint Bernsteins Interpretation aus dem Jahr 1982, die er mit den Philharmonikern von Los Angeles festhielt und die die CD-Box “The Americans” einleitet, kraftvoller und direkter denn je.

 

Bernsteins Einfluss auf Produktion und Vermittlung amerikanischer Konzertmusik war enorm. Das lag auch daran, dass er mit einer Vielzahl der produktiven Kräfte der klassischen Szene persönlich befreundet war. Mit Aaron Copeland etwa war er seit 1937, als er selbst noch als frühreifer Pianist und Kompositionsstudent in Harvard sich an die Klassiker der großen Literatur wagte, in engem Kontakt. Er nahm sogar vehement Einfluss auf dessen Produktion, etwa als er Copeland von der Richtigkeit seiner Änderungen im Finale von dessen Dritter Symphonie überzeugte. All das wurde hingenommen, weil Bernstein sich um die emotionalen Qualitäten der Kompositionen zu kümmern verstand, im Unterschied zu vielen Analytikern der zeitgenössischen Moderne, deren experimentelles und werktreues Verständnis emphatische Interpretationen behinderte. Und deshalb ist “The Americans” wohlmöglich die persönlichste Zusammenstellung der späten Phase des Dirigenten. Die Werke von Gershwin, Barber, Bloch, Copeland, Harris, Schuman, Ives, Del Tredici, Rorem und Foss sind bis auf wenige Publikumsmagneten noch immer Raritäten des Repertoires, die erst durch das unermüdliche Engagement von Leonard Bernstein die ihnen gebührenden Plätze in der öffentlichen Wahrnehmung zeitgenössischer amerikanischer Musik bekommen konnten.

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