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Leonard Bernstein - Candide: Der Mensch, ein Narr

02.08.2006

Der englische Winter war hart. Alle Beteiligten waren erkältet und litten unter den Temperaturen in London. Doch sie ließen sich nicht entmutigen. Schließlich galt es, eines der elegantesten und zugleich hintersinnigsten Konzertstücke von Leonard Bernstein aufzuführen, mit dem Maestro selbst am Pult. Also strengte man sich an und schuf einen “Candide”, der inspirierter kaum sein konnte. Bernstein war begeistert – wie so oft, wenn er Qualität und Engagement spürte – und außerdem gerührt vom Engagement und der Kraft seiner Mitstreiter. Was allerdings niemand wissen konnte. Es wurde das letzte öffentliche Konzert von Leonard Bernstein.

Voltaire war ein Skeptiker. Ihm war das Menschliche an sich viel näher als all das Brimbamborium, das während der vorangegangenen, ideologisch geprägten Jahrhundert drumherum gebaut worden war. Deshalb war er ein glühender Verfechter der Aufklärung, dem mehr daran lag, das Wissen der Menschheit verständlich und zugänglich zu machen, als den großen Hermetikern von Leibniz bis zur katholischen Kirche nach dem Mund zu reden. Er lehnte alles mit logischem Denken nicht Vereinbare und Irrationale ab, wandte sich gegen Intoleranz, Aberglauben, Tyrannei und entwickelte eine moderne Ethik, die sich an Werten wie der Gedankenfreiheit und der Würde des Menschen orientierte. Voltaire setzte sich für politische und religiöse Gleichheit ein und proklamierte eine Literaturidee, die aktuelle Probleme der Gesellschaft zum Inhalt haben sollte. Mit anderen Worten: Voltaire war ein Freigeist moderner Prägung, dessen Vorstellungen sich durchaus mit denen eines Leonard Bernsteins vereinbaren ließen. So wundert es wenig, dass ein Stoff wie “Candide” den umtriebigen Dirigenten beinahe sein Leben lang begleitete. Zum ersten Mal nahm er sich der Figur des Optimisten wider die Vernunft, der sich trotz diverser Katastrophen bis kurz vor seinem eigenen Ende nicht von der Gutgläubigkeit abringen lässt, im Jahr 1956 mit einer Bearbeitung für den Broadway an. Rund 17 Jahre später beschäftigte er sich abermals damit in Zusammenhang mit einem neuen Textbuch von Hugh Wheeler und einer Produktion von Hal Prince. 1982 folgte die “Opera House Version”.

Doch das war noch nicht das eigentliche Finale. Bernstein wollte noch mehr Voltaire in seinem Stück haben, und so blieb es weiter in seinem Fokus. An der Scottish Opera entstand 1988 eine erneute Bearbeitung, wirklich zufrieden aber war er erst ein Jahr später, als er den “Candide” in einer konzertanten Aufführung in London am 13. Dezember 1989 im Barbican Centre aufführen konnte. Mit dabei waren neben dem London Symphony Orchester und dem dazu gehörigen Chor auch alte Bekannte des Komponisten wie der Sänger und Erzähler Adolphe Green und die Mezzosopranistin Christa Ludwig. So entstand etwas Besonderes, denn man merkte der gesamten Vorstellung an, dass sie von einer ungewöhnlich intensiven Gemeinsamkeit getragen wurde. Zum einen war da der grandiose und stellenweise absurde Text in der Adaption von Bernstein und John Wells, dessen ironischer und trockener Wortwitz nicht nur einen Schmunzler produzierte. Dazu kamen die überaus inspirierten Solisten und das ebenso virtuose Orchester. Schließlich aber war da noch der Meister selbst, der mit der für ihn charakteristischen Mischung aus Lausbüberei und Intellekt die gesamte Vorstellung dirigierend, kommentierend in der Hand hatte. Für die Version auf DVD nach den Regeln der Kunst im Surround-Format aufbereitet, kann man daher noch einmal eine der ganz großen Persönlichkeiten des vergangenen Musikjahrhunderts erleben, einen Maestro, der es nie ganz lassen konnte, auch ein wenig Pädagoge und natürlich selbst Aufklärer zu sein.

L. Bernstein: Candide 0044007342059
BERNSTEIN Candide Bernstein DVD-VIDEO
1. Aug. 2006

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