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Marie Awadis
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Die armenische Komponistin und Pianistin Marie Awadis veröffentlicht ihr Debüt bei Deutsche Grammophon

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26.01.2024

Am Abend des 22. Januar eröffnete Marie Awadis im Berliner Säälchen die jüngste Yellow Lounge. Fünf der zwölf Stücke ihres kommenden Albums waren zu hören – Musik einer Frau, die eigene Wege geht. Die Komponistin, die sich am Konservatorium auch zur Pianistin schulen ließ, verweigert sich dem Kompromiss und lässt ihre Arbeit für sich sprechen. Ihre Klänge aber schlagen eine Brücke zwischen der klassischen und der zeitgenössischen Welt. Études Mélodiques, ihr Debüt bei Deutsche Grammophon, erscheint am 6. September 2024.

Die Studioeinspielung eines der Stücke, das sie in Berlin live aufführte, wird heute digital veröffentlicht. Étude No. 2: Breathless heißt es. »In dieser Etüde geht es um Dualität«, sagt Awadis. »Sie steht für den ständigen Wechsel der Gefühle – zwischen Freude und Enttäuschung, Hoffnung und Verzweiflung, dem Glück der Liebe und dem Zweifel, dass sie ewig währt.«

Awadis’ Weg zur Zusammenarbeit mit DG verrät etwas über die Musikerin und ihre persönliche und künstlerische Integrität. DGs A&R-Abteilung war ursprünglich an einem der Titel ihres damals unveröffentlichten Albums Una Corda Diaries interessiert. Doch eine Auskopplung schien der Komponistin falsch: »Ich wollte mir treu bleiben. Es wäre so gewesen, als hätte man ein Geschwisterchen aus seiner Familie gepflückt.« DG respektierte diese Entscheidung und wählte ein anderes Stück. 2021 erschien Alone auf Deutsche Grammophons zeitgenössischer Musikreihe »Project XII«. Awadis vollendete Études Mélodiques, sprach erneut mit dem Label und das Projekt nahm seinen Lauf.

»Ich vertraue darauf, dass Dinge ins Rollen kommen, wenn man ehrlich sagt, was man im Sinn hat und wie man es machen will«, erklärt Awadis. »Kompromisse sind in Ordnung, wenn man sie freiwillig macht, aber nicht, wenn man glaubt, dass man sie machen muss, um Anerkennung zu finden oder Erfolg zu haben. Risiken einzugehen ist Teil des Lebens und auch meines kreativen Prozesses. Ich habe riskiert, Nein zu DG zu sagen, und ich bin froh, dass das Label meine Musik um ihrer selbst willen schätzt.«

Viele Einflüsse kommen in der Musik von Marie Awadis zusammen, einer der wichtigsten ist ihr multikultureller und mehrsprachiger Hintergrund. Awadis kam im Libanon in einer armenischen Familie zur Welt und lernte die Sprache und Lebensart ihrer angestammten Herkunft kennen. Armenische Volksmusik war ebenso Teil ihres Alltags wie der Schrecken des Bürgerkriegs in der Wahlheimat.

»Ich habe miterlebt, wie Menschen selbst im Krieg heiraten und Kinder kriegen und Geburtstage feiern und so ihre Hoffnung bewahren«, sagt sie. »Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich Angst hatte – Bomben und Bunker waren normal. Musik aber war für mich eine Welt in sich, in der ich mich mit meinen Gefühlen und dem Leben verbinden konnte. Ein Zufluchtsort. Und Flucht ist für mich nichts Negatives. Eher ging es darum, einen eigenen Raum zu finden, einen Raum, in dem man sich sicher und gut fühlt.«

Nach ihrem Klavierstudium an der nationalen Musikhochschule in Beirut zog sie für ein Aufbaustudium nach Hannover und legte ihren Studienschwerpunkt aufs klassische Kernrepertoire. Überwältigt von dem Gefühl, nur eine von vielen begabten jungen Musikerinnen und Musikern zu sein, gab sie sowohl das Musizieren als auch das Komponieren auf. Doch die Welt des Klaviers fehlte ihr, sie kehrte auf die Bühne zurück. Das Komponieren aber blieb liegen.

Mit einem befreundeten Cellisten armenische Musik zu spielen brachte vor ein paar Jahren den Kritiker in ihr zum Schweigen. »In dem Augenblick, in dem man sich selbst akzeptiert, öffnen sich Türen«, sagt sie. »Una Corda Diaries war dieser Augenblick, in dem ich zu mir stand und sagte: ›Ich bin eine Komponistin.‹ Das war die Brücke, die zu Études Mélodiques führte.« Awadis hörte die unterschiedlichsten Werke, von Bach bis Kancheli über Jazz, Folk und Weltmusik. Verschiedene Stile flossen in ihre eigene Arbeit ein, deren Grundlage die klassische Musik war.

»Am Anfang«, sagt sie, »wollte ich eine neoklassische Komponistin sein, aber das hat nicht geklappt, genauso wenig wie mein Versuch, eine ›klassische‹ Komponistin zu werden. Immer wenn ich etwas sein wollte, was ich nicht war, hat es nicht funktioniert.« Heute vertraut Awadis auf ihre Intuition. »Wenn ich komponiere, habe ich Gefühle, Bilder, Geschichten und Orte im Kopf, aber keine Abfolge von Themen, die eine Struktur durchlaufen, die feststeht, noch bevor ich die erste Note zu Papier gebracht habe.«

Auch Études Mélodiques entstand so. Awadis hatte nicht vorgehabt, Etüden zu schreiben, aber dann erinnerten sie ihre neuen Stücke an Chopins Etüden. Schon seit ihrer Kindheit hat sie eine Beziehung zu seiner Musik – »ich mag ihren emotionalen Aspekt, der nah an der Oberfläche bleibt«. Chopin und Bach nennt sie ihre »musikalische Heimat«.

Der Minimalismus ist eine jüngere Entdeckung von ihr, aber ebenso einflussreich: Awadis erkundet gern dessen zwei Strömungen, die experimentelle Amerikas und die in jahrhundertealter Tradition verwurzelte Europas. »Ich habe eine Art intuitiven Minimalismus im Kopf, wenn ich komponiere, aber ich mag auch die harmonische Entwicklung, die es in der minimalistischen Musik meist nicht gibt. Meine Musik ist also repetitiv und zugleich wandelt sie sich.«

Das neu gewonnene Vertrauen, mit der Verbindung geliebter Stile und Genres zu experimentieren, ließ Awadis ihre eigene Stimme finden. »Meine Musik ist weder typisch klassisch noch neoklassisch noch avantgardistisch; sie liegt irgendwo dazwischen. Das hat mich oft verunsichert, weil ich nicht zum Mainstream gehörte. Aber ich habe nie aufgegeben, weil es genau das ist, was ich machen muss.«

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