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Friedrich Gulda
Friedrich Gulda

Friedrich Guldas persönlicher Mozart

Friedrich Gulda 2005 © Siegfried Lauterwasser / DG
© Siegfried Lauterwasser / DG
30.09.2009

Manchmal gehört auch ein wenig Glück dazu. Die Mozart Tapes von Friedrich Gulda wären beinahe unentdeckt geblieben, wäre nicht die Witwe des Tonmeisters Hans Klement eines Tages auf einen Stapel alter Musikkassetten gestoßen, die noch im Archiv ihres Mannes lagerten. Es sind private Statements eines pianistischen Genies, Momentaufnahmen aus Übungsperioden, die während der Arbeitsphasen im Haus eines Freundes am Attersee zumeist vom Künstler selbst zur persönlichen Kontrolle aufgenommen worden waren. Gerade deshalb wurden sie zu ganz besonderen Dokumenten künstlerischer Leidenschaft, die bislang in zwei Folgen unter dem Titel „The Mozart Tapes“ veröffentlicht wurden. Nun gibt es diese Pretiosen der Klavierkultur in einer Box zusammengefasst und ergänzt um seltene Mozart-Aufnahmen aus den Jahren 1955 bis 1997.  

Ein Komponist war Friedrich Gulda zeit seines Lebens besonders ans Herz gewachsen: Wolfgang Amadeus Mozart. Denn der Salzburger Sonderling war ein Querdenker des ausgehenden Barocks und der einsetzenden Klassik, der Mann zwischen allen Stühlen, der trotz der klaren Vorgaben seiner Epoche (und des eigenen Broterwerbs) ständig neue Wege des künstlerischen Ausdrucks suchte. Gulda hatte Respekt vor dem Klang- und Formenkosmos Mozarts, so sehr, dass er sich immer wieder mit ihm beschäftigte, aber durchaus nicht jede Auseinandersetzung auch öffentlich machte. Live konnte man ihn seit den frühen 1980er Jahren damit auf der Bühne erleben, in gefeierten Konzerten, denen allerdings umfassende und kritischen Übungsphasen vorausgingen. So baute Friedrich Gulda beispielsweise im Landhaus des Grazer Operndirektors André Diehl, einem idyllisch am Attersee im oberösterreichischen Salzkammergut gelegenen Anwesen, ein vorläufiges Studio auf, um sich dort in der entsprechenden Atmosphäre jenseits des Klassikbetriebes konzentriert an einem Bösendorfer-Flügel dem Solo-Klavierwerk Mozarts widmen zu können. Es entstand eine Reihe von Aufnahmen, gedacht als Korrektiv für den Interpreten, der daran den eigenen Ausdruck studieren konnte, ohne aber gleich an Veröffentlichung denken zu müssen.

Deshalb verschwanden die Bänder im Nebel der Erinnerungen. Gelegentlich wurde darüber geredet, aber bis ins Presswerk gelangten sie nicht. Erst als Friedrich Guldas Sohn Rico sich rund fünf Jahre nach dem Tod des Vaters auf die Suche nach den vergessenen Dokumenten machte, wurde die Frage nach dem Verbleib der Mozartaufnahmen wieder aktuell. Hartnäckige Rekonstruktionsarbeit und ein bisschen Glück war vonnöten, dass tatsächlich die Witwe von Guldas Tonmeister Hans Klement die Kassetten-Kopien der verschollenen Bänder fand. Die im Winter 1980/81 entstandenen und inzwischen weltweit hoch gelobten Mozart Tapes werfen ein ungewöhnliches Licht auf einen großen Teil der Sonaten. Zwei Werke fehlen, – KV 309, an deren Echtheit Gulda zweifelte, und KV 533/594, die er für Stückwerk hielt – und im Fall der Sonate KV 457 fügte Guldas Sohn Paul, ebenfalls ein renommierter Pianist, noch eine halbe, fehlende Minute eigenhändig ergänzend hinzu. Im Ganzen gesehen aber sind sie auch trotz dieser Leerstellen eine Offenbarung.

Denn Friedrich Gulda widmete sich den Werken mit einer Strenge und Klarheit, die dem romantisierenden und historisierenden Darstellungsgewohnheiten der Zunft widerspricht. Sein Mozart ist analytisch und reflektiert, zugleich beseelt von einer ebenso intellektuellen wie sinnlichen Zuneigung zu der Musik, so dass es ihm gelingt, die Sonaten von jahrzehnteschwerem Interpretationsballast diverser Vorgänger und Kollegen zu befreien, ohne sie damit zu entzaubern. Und das ist eine erstaunliche, geniale Leistung. Gulda gelingt es durch diese Mischung aus Persönlichkeit und Zeitlosigkeit nicht nur, die Diskussion um die Möglichkeiten der pianistischen Darstellung neu anzufachen, sondern schafft zugleich ein faszinierende Meisterstücke des einfühlenden und nachhaltigen Musikverständnisses. Diese Archivperlen sind nun auf der 5CD-Box „The Complete Gulda Mozart Tapes“ vereint und wurde für die edle Edition noch um eine Bonus CD mit raren Mozart-Aufnahmen aus den Jahren 1955 bis 1997 ergänzt. Ein Pflichtstück und ein Genuss für alle Mozart- und Klaviermusikfreunde, die starke und eigenständige Interpretationen lieben.

Hier geht es zur Künstlerseite von Friedrich Gulda auf KlassikAkzente

Mozart, W.A.: Sonatas
The Complete Gulda Mozart Tapes cd
20. Dez. 2009

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