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Gidon Kremer
Gidon Kremer

Grenzenlos

07.01.2005

Anfang der Neunziger tauchte in Münchner Jazzclubs ein ungewöhnlicher Einsteiger auf. Er hatte meistens einen grauen Anzug an, kam aus Russland und spielte technisch alles in Grund und Boden. Inzwischen hat Leonid Chizhik längst seine Professur und ist als einer der erstaunlichen Pianisten seines Fachs anerkannt. Neuerdings hat er auch seinen Platz in der Topographie eines Landes, das es nur auf Platte gibt. Denn er ist einer der Namensgeber in Kremerland, dem fiktiven Kulturraum des lettisch-deutschen Geigers Gidon Kremer, der nun seine Entsprechung auf CD gefunden hat.

Kaum ein zeitgenössischer Geiger ist vielseitiger als Gidon Kremer. Ohne ihn hätten sich Komponisten wie Alfred Schnittke, Arvo Pärt, Hans Werner Henze oder auch Sofia Gubajdulina andere Solisten für ihre Uraufführungen suchen müssen. Ohne ihn hätten die Festwochen für Kammermusik in Lockenhaus, die er von 1981 an leitete, oder das Festival in Gstaad, dessen Programmplanung ihm 1997 Yehudi Menuhin übertrug, einen anderen Charakter bekommen. Und ohne ihn wären zahlreiche wunderbare musikalische Momente, die er an der Seite von großen Partnern und Partnerinnen wie Valery Afanassiev oder Martha Argerich gestaltete, nie zustande gekommen. Dabei war zunächst gar nicht sicher, ob er jemals den Sprung an die Spitze der internationalen Geigerelite schaffen könnte. Die Voraussetzungen waren nicht schlecht. Geboren 1947 im lettischen Riga, wurde Kremer zunächst von seinem Vater an die Musik herangeführt und in den Grundlagen unterrichtet. Den Feinschliff übernahmen dann Voldemar Sturesteps in seiner Heimatstadt, schließlich unter anderem David Oistrach am Moskauer Konservatorium. Die Ausbildung hatte Erfolg, Kremer gewann 1967 den König-Elisabeth-Wettbewerb in Brüssel und begann nun, mit verschiedenen Projekten in die Welt zu ziehen. Im Gepäck hatte er anfangs eine Guadagnini aus dem Besitz seines vermögenden Großvaters Karl Brückner. Nach der Übersiedlung nach Deutschland 1980 stieg er auf eine Stradivari aus dem Jahr 1734 um, die “Ex-Baron von Feilitzsch”.

Im Jahr 1997 schließlich leistete er sich ein besonderes Geburtstagsgeschenk. Er gründete sich ein Orchester aus jungen Musikern seiner baltischen Heimat, das ihm seitdem als Arbeits- und Konzertensemble zur Seite steht. Die Kremerata Baltica besteht aus 27 Mitgliedern, ist inzwischen ein kosmopolitisches Kammerorchester von internationalem Rang, das seinen Gründer jährlich bei rund 60 Konzerten sekundiert. Auch bei Kremerland erweist sie sich als ungewöhnlich flexible Vereinigung begeisterter Instrumentalisten, die den Kompositionen die jeweils passende Gestalt gibt. Denn Kremers Klanglandkarte hat sehr unterschiedliche Regionen. Da ist Alexanders Bakshis musikalische Hommage an das Klingeln eines Telefons (“The Unanswered Call”), Giya Kanchelis “Rag-Gidon-Time”, die jazzinspirierte Variationssammlung Chizhiks über ein Thema aus der Mozart-Klavier-Sonate K.331, das charmant sentimentale “Meeting With A Friend” von Georgs Pelecis, aber auch die großartige, von Sergei Dreznin für Geige und Streichorchester transkribierte Fantasie-Sonate “Après une lecture de Dante” von Franz Liszt. Egal welche Stimmung und Stilistik gefordert ist, der Solist und seine Begleiter gießen sie mit viel Verve und einem gelegentlichen Augenzwinkern in die perfekte musikalische Form. So ist Kremerland eine Hörreise durch einen Phantasieraum, eine stilistische Utopie von Liszt bis Tango, Jazz und Varieté, die die normierenden Begrenzungen des Klassik-Betriebs mit Spaß und Witz hinter sich lässt.

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