Auf subtile Weise durchkämmt die in Athen ansässige Band hier eine riesige Ansammlung von Einflüssen. Geprägt ist die Musik dieses einzigartigen Quartetts von den breitgefächerten Erfahrungen der einzelnen Musiker mit folkloristischen Formen, byzantinischer und klassischer Musik sowie vielen unterschiedlichen Improvisationsmethoden und Jazz. Besonders betörend ist dabei die Kombination der sehnsuchtsvollen, altertümlichen Töne von Sokratis Sinopoulos’ kretischer Lyra mit den einfühlsamen, modernen Klavierklängen von Yann Keerim. Seit dem Debütalbum hat sich das Quartett – dem außerdem Kontrabassist Dimitris Tsekouras und Schlagzeuger Dimitris Emmanouilals angehören – als Ganzes enorm entwickelt. “Metamodal” enthält acht neue Kompositionen von Sokratis und eine abschließende Gemeinschaftsimprovisation. Aufgenommen wurde das von Manfred Eicher produzierte Album im Juli 2018 in den Sierra Studios in Athen.
“Wir sind vier Leute, die sich weiterhin treffen und Musik und Gedanken miteinander austauschen”, sagt Sokratis über den Fortschritt des Quartetts. “Wir sind heute mutiger beim Experimentieren mit neuen Konzepten und bei den Interaktionen zwischen uns. Für mich ist das Quartett die ideale Gruppe, um kompositorische Ideen und neue Formen auszuprobieren. Und ich mag es sehr, dass wir jedes Mal, wenn wir uns zum Spielen treffen, in der Lage sind, den Funken neu zu entzünden und das Feuer so brennen zu lassen, als sei es das erste Mal.”
Zum Auftakt des Albums stellt Sokratis seine schmerzhafte Komposition “Lament” vor, in der die wehmütigen Klagetöne seiner Lyra auf die ergreifenden Akkorde von Keerims Klavier treffen."Wenn Sokratis Sinopoulos spielt", meinte Charles Lloyd einmal, “dann kann ich die ganze Geschichte in den alten Klängen der Saiten mitschwingen sehen.”
Die Geschichte der Lyra reicht bis in die byzantinische Zeit zurück. “Ich bin mir dessen sehr bewusst”, sagt Sokratis Sinopoulos, “und froh, ein Instrument mit einer so langen Tradition zu spielen. Natürlich kann die Geschichte auch eine Bürde, eine schwer zu tragende Verantwortung sein. Besonders dort, wo ich in Griechenland lebe, gibt es Erwartungen, wie die Lyra in traditionellen Kontexten, in der Volksmusik klingen soll. Ich respektiere die Geschichte, aber ich versuche, sie als Grundlage zu nutzen, um voranzukommen, in der Hoffnung, die Vergangenheit und die Zukunft in meinen Kompositionen und beim Improvisieren widerzuspiegeln.”
Die zukunftsweisendsten Nummern des neuen Albums sind vielleicht die drei “Metamodal”-Stücke, die “Liquid”, “Illusions” und “Dimensions” untertitelt wurden. “Aus kompositorischer Sicht bilden diese Stücke für mich den Kern des Albums”, meint Sinopoulos. “Ausgehend von dem modalen System, das ich am besten kenne, dem mittelalterlichen Ansatz, habe ich versucht, neue Dimensionen und Systeme zu schaffen und sie in das einzubringen, was wir hier im östlichen Mittelmeerraum als Modalität verstehen. Oder anders ausgedrückt: wir schaffen neue Modi und entwickeln sie melodisch, indem wir das Wissen nutzen, das wir über all die von uns bewunderten Idiome haben. Das schließt natürlich auch den Jazz und zeitgenössische Kompositionen ein. Manchmal wurden die Stücke entwickelt, bis ich den Punkt erreichte, an dem die Musik ziemlich abstrakt wurde, was mir aber in diesem Fall gefiel.”
Der Titel des Albums hat für Sokratis Sinopoulos keine fest umrissene Bedeutung. “Metamodal” könnte durchaus als “postmodal” interpretiert werden. Aber Sokratis erinnert daran, dass das griechische Wort “meta” auch mit “unter”, “zwischen”, “hinter” und “inmitten von” übersetzt werden kann oder etwas freier sogar mit “verändert” und “gewandelt”. Er sagt: “Mich interessieren alle möglichen Bedeutungen von ‘metamodal’.”
Der Großteil der Musik von “Metamodal” wurde, wie Sokratis anmerkt, an einem einzigen Tag aufgenommen. Am zweiten Tag wurden das Thema “Experimente” angeschnitten: “Manfred Eicher schlug vor, dass wir ein improvisiertes Stück aufnehmen könnten. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits das ganze Album im Ohr. Also bat ich die Musiker, Material von ‘Metamodal II’ sowie dem Rest des Albums als Grundlage für neue Musik zu verwenden.” Das Ergebnis war “Mnemosyne”, das abschließende Stück des Albums: “Diese Improvisation ist wie eine Erinnerung oder ein Echo der gesamten Aufnahmesession.”