Ethnographisch authentisch - Levon Eskenian & Gurdjieff Folk Instruments Ensemble

Wer weiß, welchen Stellenwert das musikalische Opus des griechisch-armenischen Mystikers Georges I. Gurdjieff heute besäße, wenn Jazzpianist Keith Jarrett es 1980 nicht durch sein Album “Sacred Hymns” der weitgehenden Vergessenheit entrissen hätte. Jarretts überraschende Einspielungen lösten damals ein neues Interesse an den Stücken Gurdjieffs aus, zu denen dieser durch Melodien inspiriert worden war, die er auf Reisen durch den Nahen und Mittleren Osten aufgeschnappt hatte. Später sang oder pfiff Gurdjieff die Themen seinem treuen Adlatus vor, dem russischen Komponisten und Pianisten Thomas de Hartmann. Der notierte die musikalischen Erinnerungen für Klavier, was wiederum dazu führte, dass Gurdjieffs Kompositionen im Westen als reine Klaviermusik wahrgenommen und studiert wurden. Aus einer völlig neuen Perspektive lernt man sie nun durch das faszinierende Projekt von Levon Eskenian kennen. Der Armenier arrangierte für das Gurdjieff Folk Instruments Ensemble 17 Stücke neu. Sein Ziel war dabei, die Musik möglichst so klingen zu lassen wie sie Gurdjieff ursprünglich gehört haben mag.
“In dem Bestreben, zu einem tieferen Verständnis von Gurdjieffs Musik zu gelangen, erschien es mir notwendig, eine Auswahl aus seinem Repertoire zu treffen, das armenischen, griechischen, arabischen, kurdischen, assyrischen und kaukasischen Einflüssen unterliegt”, erläutert Levon Eskenian. “Mein Ziel war es, durch das Studium der Instrumentierung und Aufführungspraxis der jeweiligen musikalischen Traditionen zu Arrangements zu kommen, die Gurdjieffs Musik in ‘ethnographisch authentischer’ Weise auf das östliche Instrumentarium übertragen.”
“Was mir an Levon Eskenians Arrangements am besten gefällt, sind die Sorgfalt und Schnörkellosigkeit, mit der er sich der Sache nähert”, meint der armenische Komponist Tigran Mansurjan, “kein unnötiges ‘Komponieren’, kein Verkünsteln. Die Wüstenei der Stille wird immer wieder durch winzige Klanginterventionen durchbrochen, was typisch für Gurdjieffs Werke ist. Im Herzen seiner Musik liegt ein tiefes Schweigen, das an den Prediger Salomon aus der Bibel erinnert oder an die Wahrheit, die aus der Stille eines weit entfernten Ortes zu uns herüberweht, einer Stille, über die sich noch kein Schatten gelegt hat und die in ihrer Intensität dieses Schweigen makellos erscheinen lässt.”
Nachdem Keith Jarrett den Komponisten Gurdjieff 1980 wieder ins Rampenlicht gerückt hatte, kann man einige seiner Werke nun, gut dreißig Jahre später, durch die Bearbeitungen von Levon Eskenian und dem Gurdjieff Folk Instruments Ensemble völlig neu kennenlernen.